Hatte man möglicherweise schon beim E-Mail Marketing das Gefühl, die Rechtslage sei schwer durchschaubar, beobachtet man bei vielen Online Marketing Experten beim Annähern an Social Media Marketing ein interessantes Phänomen: Zunächst wird oft angenommen, das sei „alles ganz einfach“. Vermutlich aus der Annahme heraus, Facebook sei kostenlos – wie YouTube, Twitter und viele andere soziale Netzwerke ja auch – und damit sei das unternehmerische – und rechtliche – Risiko deutlich geringer.
Diese Aussage ist interessanterweise gleichzeitig (noch) richtig und doch völlig falsch. In diesem Bereich lässt man Unternehmen noch Vieles durchgehen, was die „rechtliche Grauzone“ (so es so etwas überhaupt gibt) schon lang verlassen hat. Rechtlich gesehen haben wir es hier aber mit „ganz normalen Marketing-Gesetzen“ und obendrein einer Vielzahl von teilweise komplexen Rechtsproblemen zu tun. Da die meisten relevanten Internet-Marketingplattformen aus den USA kommen, haben wir z. B. fast automatisch und immer einen Konflikt zwischen dem jeweiligen Landesrecht und dem deutschem Datenschutz. Hinzu kommen die Nutzungs- und sonstigen Bedingungen der jeweiligen Plattform, die Ihren guten Ideen einen Strich durch die Rechnung machen können.
Jegliche kommerzielle Kommunikation muss klar für Verbraucher als solche erkennbar sein (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 TMG). Sie dürfen hier zudem auch keine Schleichwerbung platzieren oder „Guerilla Marketing“ machen (dann iVm. § 4 Abs. 3 UWG), wobei Guerilla Marketing ja rechtlich im Kern nichts anderes als verschleierte Werbung ist. Dieser Punkt wird gern übersehen, weil gerade Facebook im Vergleich z. B. zu XING eine „eher private Plattform“ ist und vermutlich auch weil viele (im Ausland durchgeführte) erfolgreiche Guerilla Marketing-Aktionen „cool“ wirken.
Es trifft Sie die übliche Impressumspflicht (§ 5 TMG), und wie bei „normalen Websites“ muss das Impressum über maximal zwei Klicks und vor allem transparent hinterlegt werden.
Sie müssen sich an die ganz normalen Wettbewerbsregeln halten, also z. B. auch an die „Schwarze Liste“ (im Anhang zu § 3 Abs. 3 UWG). Sie müssen zudem z. B. ehrlich und transparent bei Angeboten sein und dürfen keine Werbeaussagen als Kundenaussagen verschleiern, keine nicht prüfbaren Superlativen verwenden („Unsere Ware ist die beste“) und nicht so tun, als wäre die Angabe bestimmter Daten freiwillig, was sie in Wirklichkeit aber nicht ist. Sie dürfen ebenso keinen psychischen Kaufzwang erzeugen oder ausnutzen, keine Preisreduktionen ausloben, die in Wahrheit keine sind, und Vieles mehr. Wie gesagt: Das gilt grundsätzlich bei allen Aktionen in beliebigen Marketing-Kanälen.
Sie müssen sich an die üblichen Regeln des Gewerblichen Rechtsschutzes und Urheberrechts halten. Sie dürfen also auch hier keine Logos und sonstigen Marken verwenden oder fremde Inhalte als Ihre ausgeben. Sie dürfen keine Bilder anderer ohne deren Einverständnis verwenden (§§ 2 Abs. 1 Nr. 3 und 4, 72 und 19a UrhG) und so weiter. Auch hier gilt übrigens, was nicht oft genug gesagt werden kann: Ob Sie den Urheber eines Bildes auffinden können oder nicht, ist irrelevant. Wenn es nicht Ihr Werk ist, das Sie verwenden möchten, dürfen Sie es nur mit Einverständnis des Urhebers. Erreichen Sie ihn nicht, ist damit keine Lizenz zur Verwendung erteilt!
Ebenso wenig dürfen Sie Fotos von Personen ohne deren Einverständnis verwenden (§ 22 KUrhG). Diese Regel mag vor allem im Zusammenhang mit der Tagging-Funktion auf Facebook schwer nachzuvollziehen zu sein, aber auch Facebook ist diese Pflicht bewusst. Seit einer Weile arbeitet Facebook an einem Feature, das der „getaggten“ Person erlaubt, Tags von ihm erst für jedes Foto freigeben zu können, bevor der Tag erscheint. Derzeit funktioniert dieses Feature noch nicht richtig, das wird es aber vermutlich in absehbarer Zeit.
Es gelten die für Ihre Branche einschlägigen üblichen Zusatzregeln, z. B. die Preisangabenverordnung, nach der Sie z. B. Endpreise und vieles Weitere angeben müssen, wenn Sie Produkte anbieten.
Beachten Sie bei Ihrem Facebook-Marketing daher auf jeden Fall folgende Dinge:
Im Social Media Marketing gelten die „ganz normalen Regeln“
Auch wenn Social Media Marketing technisch und kreativ große Innovationen hervor bringt, so ist es dennoch aus Rechtssicht erst
einmal „ganz normales“ Direkt-Marketing. Das heißt, es gelten dieselben rechtlichen Rahmenbedingungen wie in anderen Kanälen, wie z. B. auch bei der
Vermarktung Ihres Online-Shops. Die Ihnen mit Sicherheit geläufigen Gesetze (z. B. BDSG, TMG, UWG, PAngV und TKG) haben, je nachdem, was Sie hier zu tun gedenken, also ebenso in Facebook
Gültigkeit.
Achten Sie bitte darauf, dass damit nicht nur die üblichen Regeln gelten, sondern auch die bekannten Risiken drohen. Das heißt, bei Verstoß können Sie sich Abmahnungen von Wettbewerbern oder Wettbewerbs- oder Verbraucherschutzzentralen einhandeln, Datenschutzverstöße können mit Bußgeld oder sogar Strafverfahren geahndet werden. Verletzen Sie als Geschäftsführer Ihre Sorgfaltspflicht, stehen Sie möglicherweise sogar mit Ihrem Privatvermögen gerade, auch für Erfüllungsgehilfen (§ 278 BGB) und Verrichtungsgehilfen (§ 831 BGB).
Zusätzliche Rechtshürden beim Facebook-Marketing
Facebook, YouTube, Twitter, XING, Linkedin & Co.: Praktisch jede Plattform bringt ihre eigenen „Hausregeln“ mit, und das wirft rechtlich – und zunehmend praktisch – vielfältige rechtliche
Probleme auf. Erstens kann man Sie unabhängig vom tatsächlich geltenden Recht „hinauswerfen“ oder auch Ihre Aktionen je nach Sachlage sabotieren oder Ihren Content und Ihre komplette
„Adressatenliste“ löschen, wenn Sie die internen Regeln missachten. Zweitens, und das ist fast niemandem bewusst, können Sie schnell in
eine Haftungsgrätsche geraten, wenn eine Plattform sich von Ihnen Urheber- bzw. Verwertungsrechte einräumen lässt, die Sie gar nicht haben (können).
Um diesen Artikel in halbwegs greifbarer Länge zu halten, konzentrieren wir uns hier auf die wichtigsten Besonderheiten bei Facebook, die Marketern häufig begegnen. Denn Facebook hat insgesamt
unglaubliche 30 Seiten „Kleingedrucktes“ (bezogen auf die englischen Bedingungen bei Schriftgröße 10).
Die folgenden Hürden sind geordnet nach der Reihenfolge, in der sie für Sie voraussichtlich relevant werden.
Sie dürfen Facebook z. B. nur über eine „Seite“ kommerziell nutzen, nicht über ein „persönliches Profil“ (Facebook-Nutzungsbedingungen Punkt 4.4).
Facebook gibt bei der Benennung Ihrer Seite strenge Richtlinien vor, erlaubt z. B. keine reine Großschreibung, Gattungsbezeichnungen und keine Slogans.
Die Verwendung von Facebook-Logos und sonstigem Markenmaterial von Facebook ist für den Laien auf Anhieb annähernd verständlich, vor allem dann, wenn die Vorgaben von Facebook vom jeweiligen Urheberrecht abweichen. In aller Kürze sei gesagt: Sie dürfen grundsätzlich gar keine Logos benutzen (Facebook-Nutzungsbedingungen Punkt 5.6) und sollten sich an die Vorgaben im „Brand Permissions Center“ (http://www.facebook.com/brandpermissions/) halten:
Das „f“-Logo dürfen Sie außerhalb von Facebook nur nutzen, um auf Ihre Facebook-Seite oder -Gruppe, eine von Ihnen auf Facebook angebotene App oder Ihre Instanz von Facebook Connect zu verweisen. Sie dürfen nicht auf die allgemeine Startseite von Facebook verlinken.
Weder Farbe noch Form des „f“-Logos darf verändert werden, und es muss bei der Verwendung des Logos klar sein, was bei einem Klick darauf passieren wird.
Der „Like“-Button darf nur für die von Facebook angebotene „Gefällt mir“-Aktion verwendet werden, z. B. nicht für sonstiges Zeigen von Zustimmung oder Sympathie.
Sie dürfen den „Like“-Button in der Größe verändern, sonst aber nicht.
Der (nicht veränderte) „Like“-Button darf offline überall verwendet werden, Sie müssen aber einen Bezug zu Facebook erkennen lassen.
Das „facebook“-Logo darf von Ihnen jedenfalls nach den Hausregeln überhaupt nicht verwendet werden. Obwohl mangels Schöpfungshürde erhebliche Zweifel daran bestehen, dass Facebook tatsächlich Urheberrechte an diesem Logo hat, ist die Verwendung riskant.
Sie dürfen kein Bildmaterial verwenden, das hasserfüllt, bedrohlich oder pornografisch ist, zu Gewalt auffordert oder Nacktheit oder grafische oder unnötige Gewalt enthält (Facebook-Nutzungsbedingungen Punkt 3.7)
Facebook hat eigene Richtlinien für Werbung (https://www.facebook.com/ad_guidelines.php).
Facebook hat eigene Richtlinien für Promotions. Danach dürfen Sie z. B. keine Facebook-eigene Funktion wie das Drücken des „Gefällt mir“-Buttons als Kriterium der (automatischen unmittelbaren) Teilnahme machen. Sie dürfen dagegen das „Liken“ einer Seite für Fan-Gating nutzen, also dafür sorgen, dass nur den Fans überhaupt die Seite angezeigt wird, von der aus sie am Gewinnspiel über einen gesonderten Klick teilnehmen können.
Weil Sie im Social Media Marketing regelmäßig mit Inhalten anderer „konfrontiert“ werden – wahrscheinlich kommt es Ihnen ja auch darauf an, dass User ihre Inhalte beisteuern –, können Sie in die Haftung auch für fremde Inhalte laufen. Wenn Sie sich fremde rechtswidrige Inhalte „zu eigen machen“, also vor allem trotz Wissens um die Rechtswidrigkeit nicht löschen, haften Sie als „Mitstörer“ (§ 7 Abs. 1 TMG, aber auch §§ 7 Abs. 2, 10 TMG).
Sie stellen Facebook von Kosten bei Rechtsverletzungen frei (Facebook-Nutzungsbedingungen Punkt 15.2). Wann immer also Sie, Ihre Agentur oder ein sonstiger in Ihrem Machtbereich Stehender ein Recht verletzt, müssen Sie die Kosten tragen, die Facebook entstehen. Was auf Anhieb harmlos, jedenfalls „doch normal“ klingt, kann vor allem zu Schwierigkeiten führen, wenn Sie Facebook umfassende Nutzungsrechte einräumen (was Sie bei jedem Bild-Upload tun müssen), sie aber gar nicht haben, z. B. weil Sie von einem Drittanbieter nicht exklusive Bildrechte für eine Aktion gekauft haben. Sie befinden sich damit in einer praktisch noch wenig umkämpften, aber existenten Haftungsgrätsche.
Der „Gefällt mir“-Button ist, wenn er auf Webseiten außerhalb von Facebook verwendet wird, vor allem in den letzten Monaten ins Kreuzfeuer der Datenschützer geraten, und das zu Recht. Er führt nämlich – vor allem bei Usern, die nicht Facebook-Mitglieder sind – zur Erhebung personenbezogener Daten (z. B. der IP-Adresse, deren Personenbezogenheit kürzlich erneut vom Europäischen Gerichtshof in einem Urteil bejaht wurde (Urteil vom 24.11.2011, Az. C-70/10) ohne Einwilligung. Skurriler weise haftet derjenige, der Facebook über die Einbettung des Buttons dessen eigene rechtswidrige Datenerhebung erlaubt, selbst auch.
Verstöße gegen Facebook-Regeln
können die Löschung des jeweils betroffenen Content zur Folge haben, also von Werbemaßnahmen bis zur Sperrung Ihrer kompletten Seite. Was manchem Marketer erst dann auffällt: Wenn die Seite komplett gelöscht wird, ist auch der „Verteiler“ (also die Fan-Gemeinde) weg. Deshalb gilt: Selbst wenn die Verwendung eines Facebook-Logos nicht gegen geltendes Recht verstößt und selbst wenn die Chance noch niedrig ist, dass sich Facebook gegen Sie wendet, sollten Sie vorsichtig sein.
Fazit
Sie sehen selbst: Im Social Media-Marketing bewegen Sie sich in verschiedenen Rechtsgebieten mit unterschiedlichen Rängen, Schutzgegenständen und Ausrichtungen. Vorsicht walten zu lassen, zahlt
sich in verschiedener Hinsicht aus: Einerseits halten Sie sich Abmahnungen und Klagen vom Hals, andererseits dankt Ihre Fan-Gemeinde Ihnen die transparente und offene Kommunikation mit Vertrauen
und Loyalität.